diese blinden Blindenführer ihr »Loblied der Psychodrogen« und verbreiten eifrig die Kunde, dass es eine Abkürzung auf dem geistigen Weg gibt. Das von den Gurus dieser Szene (meistens Psychologen) angewandte Hauptmittel ist »Lysergsäure-Diäthylamid«, kurz »LSD« genannt. Aber auch andere Psychodrogen, wie Haschisch, Marihuana, Heroin, Meskalin etc., kommen hierbei zur Anwendung.
Besonders gefährlich ist die Einstiegsdroge Haschisch. Die große Gefahr liegt darin, dass sie von ihren Benutzern als nicht suchtgefährdend und harmlos dargestellt wird. Doch zeigt die traurige Bilanz, dass die meisten Drogenabhängigen durch das unbewusste Verlangen nach Steigerung mit der Einstiegsdroge Haschisch begonnen haben. Ein wesentliches, charakteristisches Merkmal für den esoterischen Drogenkult ist, dass diese Psychodrogen immer nur von denjenigen als Hintertür zur Erleuchtung
gepriesen werden, denen jegliche meditative Erfahrung auf der Basis einer ernsthaften geistigen Schulung fehlt. Aber woher kommt nun diese euphorische Begeisterung für solch einen chemisch herbeigeführten Stumpfsinn angenehmer Halluzinationen und Verzückungen?
Ein wesentlicher Faktor ist hier, dass diese Chemikalien das Bewusstsein aus seinen Fesseln, die es gewöhnlich binden, lösen. Das in seiner Egozentrierung gefangene und isolierte Bewusstsein erfährt sich plötzlich von seinen Begrenzungen befreit – das Ergebnis ist ein Zustand der Ekstase und der erweiterten Wahrnehmung. Diese Erfahrung der Ausweitung eines urteilslosen und verworrenen Bewusstseins wird von den Drogengurus als »Bewusstseinserweiterung« bezeichnet und mit dem Erreichen einer höheren Dimension gleichgestellt.
Es muss hier aber mit Nachdruck gesagt werden, dass solch eine Bewusstseinserweiterung nicht das Geringste mit einer mystischen Erfahrung, im Sinne einer geistigen Verwirklichung, zu tun hat. Eine Bewusstseinserweiterung ist eine Erweiterung unserer Wahrnehmung, so wie eine Brille eine Erweiterung unserer visu3
ellen Wahrnehmung oder ein Hörapparat die Erweiterung unserer akustischen Wahrnehmung darstellt, und weiter nichts.
Eine durch Psychodrogen hervorgerufene Bewusstseinserweiterung kann niemals mehr als ein erdgebundenes Phänomen einer verfeinerten sinnlichen Wahrnehmung sein und hat mit einer im Vorgang der Meditation verwirklichten »Bewusstseins-Intensivierung« nichts zu tun. In seinem bekannten Werk »Ursprung und Gegenwart« schreibt Jean Gebser:
Das quantitative Mehr darf niemals das Bewusstsein betreffen, das stets qualitativen Charakter hat. Allein deshalb betonen wir, dass wir nicht in den Fehler verfallen dürfen, eine Bewusstseinserweiterung anzustreben, sondern dass es auf eine Bewusstseins-Intensivierung ankommt. Eine bloße Bewusstseinserweiterung führt uns unweigerlich nur in den Untergang.126
Eine bloße Erweiterung des Bewusstseins kann daher niemals das Ziel unseres geistigen Weges sein, für den es keine Abkürzung gibt, weder in Form von
»Samadhi-Pfeifenrauch« noch in Form von »Satori-Kapseln«. Die veränderten Bewusstseinszustände, die durch Psychodrogen herbeigeführt werden, sind letztlich nichts weiter als Störungen des normalen Bewusstseins. Es mögen noch so schöne Lichter aufblitzen mit einer Steigerung in der Wahrnehmung von Farben und Formen und einem Gefühl von freudiger Ekstase; all dies kann aber niemals mehr sein als die verschiedenen Auswirkungen einer Bewusstseinsstörung. Diese fiebrig-überreizten Erlebnisse bieten keinen Zugang zu einer höheren Bewusstseinsebene und haben mit einer Transzendenz-Erfahrung nicht das Geringste zu tun, so dass wir hier höchstens von einer »Pseudo-Transzendenz« reden können.
Auf den ersten Blick scheinen Drogenerlebnisse und mystische Erfahrungen einiges gemeinsam zu haben –
dies ist jedoch ein gewaltiger Irrtum, denn zwischen den Erfahrungen eines Drogenkonsumenten und denjenigen eines Mystikers liegen Welten. Hinzu kommt, dass die durch Drogen herbeigeführten Bewusstseins-veränderungen eine Abstumpfung des Intellekts bewirken, die Folge ist ein teilweiser, wenn nicht sogar vollkom4
mener Verlust der Kritikfähigkeit bis zum totalen Persönlichkeitsverfall.
Wer Psychodrogen gebraucht, opfert seine Fähigkeit zur spirituellen Entwicklung durch das Zerstören jener psychisch-physischen Kraftquellen, von denen sein inneres Wachstum abhängt. Da er sich selbst einer absteigenden Spirale ausgeliefert hat, sinkt er immer tiefer ab, und je tiefer er absinkt, desto unmöglicher wird es für ihn, wieder aufzusteigen; und irgendwann geht die Kraft zu einem Wiederaufstieg völlig verloren. Hierzu sagt der buddhistische Gelehrte Lama Anagarika Govinda:
LSD (und andere Psychodrogen) führen vom Zentrum weg in eine sich immer weiter zersplitternde Vielheit beziehungsloser und dauernd wechselnder Projektionen unbewusster Inhalte, die zwar unsere Aufmerksamkeit momentan fesseln, uns aber nur zu völlig passiven Zuschauern eines ohne unser Zutun abrollenden psychischen Filmstreifens machen, der je länger wir uns ihm hingeben, desto sicherer alle schöpferischen Impulse, die unserer eigenen Anstrengung zu ihrer Verwirklichung bedürfen, erstickt.127
So mancher von denen, die versucht haben, das geheime Tor zur Wirklichkeit mit chemischen Mitteln aufzubrechen, hat dies mit Geisteskrankheit oder Gehirnschäden bezahlen müssen. In den psychiatrischen Anstalten gibt es etliche »Drogen-Pseudomystiker«, die der festen Überzeugung waren, eine geheime Hintertür zur Erleuchtung gefunden zu haben.
Diejenigen, die versuchen in den Bereich des universellen Tiefenbewusstseins zu gelangen, ohne die dazu erforderliche spirituelle Reife zu haben, werden von ihm verschlungen und verlieren sich im Chaos ihres selbst verursachten Wahnsinns.